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Akademisches Schreiben: Erfahrung und Intuition

Wer einen Text über ein wissenschaftliches Thema verfasst, liefert Eingeweihten nicht nur Sachinformationen, sondern verrät auch viel über seinen persönlichen Bezug zum Thema.

Ein wissenschaftlicher Text kann auf viele Arten geschrieben, aber auch gelesen und interpretiert werden. Gerade Professoren, die oft mit solchen Texte zu tun haben, dürften die nötige Erfahrung aufweisen, den Kenntnisstand des Autors einzuschätzen und eine persönliche Note herauszulesen.

Denn zwischen den Zeilen verbergen sich oft ebenso viele Informationen wie in ihnen: Alleine die Art und Weise, wie Zitate genutzt und in den gedanklichen Kontext der Arbeit eingebunden werden, verrät viel über den Autor:

  • Beherrscht dieser sein Thema souverän oder hangelt er sich vorsichtig von einem Zitat zum nächsten, ohne klar Stellung zu beziehen, und ohne sein Abstraktions- und Urteilsvermögen unter Beweis zu stellen?
  • Wie umfangreich und wie treffend ist die genutzte Literatur? Ein auf den ersten Blick fehlerfreier Text, kann, bei näherer Betrachtung, völlig am Thema vorbeigehen – etwa, weil die wichtigsten Quellen zur Thematik einfach ignoriert wurden.
  • Auf welche Weise werden wissenschaftliche Diskussionen und Widersprüche dargestellt? Bleibt es bei einer bloßen Schilderung oder existiert das Bemühen, die unterschiedlichen Sichtweisen nachzuvollziehen und eine Begründung für die Unterschiede zu finden?
  • Wie wird mit Themen umgegangen, die nicht direkt zum eigenen Fachbereich – wohl aber zur Fragestellung der Arbeit – gehören?
  • Erfolgt die Nutzung von Zitaten als Selbstzweck oder ist sie in die Argumentation des Autors eingebunden?

Die Liste ließe sich fortsetzen. Gerade Studenten in den ersten Semestern tappen oft in derartige Fallen. Vermeiden lässt sich dies, indem genügend Zeit in die Vorarbeiten investiert wird: Das Thema sollte nicht erst während des Schreibvorgangs entdeckt und verstanden werden, sondern lange davor. Erst wenn die Eckpunkte, die Definitionen und die Standpunkte der wichtigsten Autoren erfasst wurden, wird die Arbeit den nötigen Detailreichtum aufweisen und auch fachkundige Leser überzeugen.

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