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Die „University of Google“

Die Frage nach den Auswirkungen eines allgegenwärtigen Zugriffs auf große Wissensbestände stellt sich gerade jenen Institutionen, die sich mit Forschung und Lehre beschäftigen: Welches sind die Folgen für den Wissenserwerb?
Bekanntlich „googelt“ man heutzutage, wenn man Informationen benötigt – vom simplen Kochrezept bis hin zur Anleitung für die Konfiguration des heimischen Computernetzwerks.

Zu einfach?

Von der Eingabe eines Suchbegriffs vergehen nur wenige Sekunden bis zur Lieferung der ersten Resultate. Der Bücherschrank, so die Konsequenz, kann geleert werden, Wissen erfordert nicht mehr Raum als den auf einer SSD oder Festplatte, nicht mehr Infrastruktur als den eines Rechners mit Internetzugang und nicht mehr Mühe als die Eingabe eines Suchbegriffs.
Obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Aussagen über die konkreten Wirkungen gemacht werden können, zeichnet sich ab, dass die neue Methodik deutliche Spuren hinterlässt: Wissen muss nicht mehr erarbeitet oder durch einen Gang in die Bibliothek aufgespürt werden, sondern kann direkt und bequem konsumiert werden, darunter findet sich auch die Form einer „Berieselung“, etwa beim Betrachten von Youtube-Lehrvideos.

Der Preis der Bequemlichkeit

Was hinter der schönen neuen Welt der Bilder und Like-Buttons steckt, ist zunächst der kommerzielle Drang großer Unternehmen, der bei den individuellen Empfehlungen zunächst solche Links anbietet, die sich bereits bei anderen Seitenbesuchern als erfolgreich erwiesen haben. Und dies sind in der Regel nicht jene, auf denen sich tieferschürfende Gedankengänge finden, sondern solche, die auf Emotionen setzen. Analytisches und systematisches Denken erfordert Ruhe und Konzentration und steht damit im krassen Widerspruch zur schnelllebigen und hyperverlinkten Welt des Netzes, die zudem das einfache „copy and paste“ erlaubt, das auch längere Textstellen in die eigene Arbeit übernimmt – dann aber ebenso leicht als Plagiat festgestellt werden kann. Alles in allem ist zu befürchten, dass der Wissenschaftsbetrieb weiter verflacht bzw. das Netz eine Wissenschaft vorgaukelt, die mit tatsächlicher Forschung kaum noch etwas zu tun hat.

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