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Ghostwriting, Doktorarbeiten und Titelsucht

Wer die Berichterstattung zum Thema Ghostwriting verfolgt, gewinnt den Eindruck, die Branche sei ein Tummelplatz für Hochstapler. Die gibt es zwar zweifellos – die Mehrheit der Kunden hat jedoch andere Gründe.

Geld öffnet viele Türen. In einigen Fällen sogar Türen zu einem Doktortitel. So ist es kein Geheimnis, dass einige Universitäten in Osteuropa, aber auch in anderen Teilen der Welt, ihre fachlichen Anforderungen an Doktoranden eher niedrig halten – insbesondere dann, wenn diese Doktoranden zahlungskräftig sind und sich großzügig zeigen. Dasselbe gilt für die – in Deutschland nicht anerkannten – akademisch klingenden Phantasietitel, die beispielsweise von kirchlichen Gruppierungen in den Vereinigten Staaten verliehen werden.

Die Welt des akademischen Ghostwriting dagegen ist vielfältiger, ebenso wie die Motive der Kundschaft: Hier geht es weniger um Titel oder um Ansehen, als vielmehr um eine Hilfestellung bei komplizierten wissenschaftlichen Aufgaben.

Da akademische Texte heute eine so große Verbreitung finden, fühlen sich immer mehr Unternehmen, Behörden oder sonstige Institutionen genötigt, ebenfalls wissenschaftlich zu argumentieren. Häufig steht dabei der Wunsch im Vordergrund, die eigene Position, den eigenen Marktanteil oder die eigene politische Stoßrichtung zu verteidigen.

Im Falle von Studenten, die Ghostwritingagenturen aufsuchen, geht es oft um die Bewältigung einer persönlichen Krise, einer schwierigen Situation, in der die Aufgabenstellung, einen wissenschaftlichen Text zu verfassen, der sprichwörtliche Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die Folge ist eine persönliche Überforderung, insbesondere dann, wenn die Dozenten schlecht erreichbar sind und für Fragen kaum zur Verfügung stehen.

Ghostwriter können – neben der eigentlichen Schreibtätigkeit – auch helfen, wenn es darum geht, eine Arbeit zu strukturieren und die fachlichen Methoden zu vermitteln. So ist es bei vielen Studenten keineswegs der Titel, der im Vordergrund steht, ebenso wenig wie die Versuchung, sich einfach eine Bachelorarbeit schreiben lassen zu können. Stattdessen geht es um eine – hoffentlich einmalige! – konkrete Situation der Überlastung und den Gedanken, dass dies nicht dazu führen sollte, zu kapitulieren und das ganze Studium aufzugeben.

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