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Historisches Verständnis im Studium entwickeln

Das Geschichtsstudium bietet die Gelegenheit, sich intensiv mit den Geschehnissen vergangener Epochen auseinanderzusetzen. Gespür und Intuition sind dabei ebenso wichtig wie das Beherrschen der Themen und der wissenschaftlichen Arbeitsweise.

Zeitgeist

Jede Zeit weist ihre Stimmungen, ihre Themen und ihre Konflikte auf. Angehende Historiker sollten sich dieser Tatsache bewusst sein und sich intensiv mit diesen Rahmenbedingungen ihrer jeweiligen Epochen auseinandersetzen; Das europäische Mittelalter ist nicht zu begreifen, ohne ausführlich auf die theologischen Konflikte und ihre Wechselwirkung mit politischen und wirtschaftlichen Machtverhältnissen einzugehen.
Die Schaffung zentralstaatlicher Souveränität ist ohne die Betrachtung des 30jährigen Krieges und des westfälischen Friedens nicht zu erklären, ebenso wenig wie die Ausbildung der deutschen Identität ohne die Perspektive der napoleonischen Fremdherrschaft nicht zu begreifen ist.

Interessen

Die Grundkonstante im Verhalten vieler Menschen ist kaum umstritten: Die Suche nach Sicherheit, nach sicherer Versorgung mit Nahrung und Gütern, nach Schutz vor inneren und äußeren Angriffen. Eben jene Sicherheit, die historisch nur von einer starken Zentralgewalt garantiert werden konnte –gleichzeitig handelte es sich auch um jene durch Macht geschaffene Sicherheit, deren Ausdehnung zu Kriegen und damit zu Phasen größter Unsicherheit führte.

Geschichte und Geschichtsschreibung

Nicht nur die Geschichte, auch die Geschichtsschreibung folgt bestimmten Strömungen. So waren im Deutschland der Gründerzeit die germanischen Sitten – vor allem durch die Schilderung des Tacitus einem größeren, bürgerlichen Publikum bekannt – ein bevorzugtes Objekt der Geschichtsforschung, zumal sich die ihnen zugeschriebenen positiven Eigenschaften zum Aufbau der eigenen, deutschen Identität nutzen ließen. In BRD und DDR wurden zur Zeit des Kalten Krieges je eigene Interpretationen der Geschichte und der historischen Persönlichkeiten geschaffen. Auch heute finden sich vielfach ideologische Auslegungen, wenn es etwa darum geht, eine europäische Identität zu konstruieren, die den derzeitigen Interessen der weiteren wirtschaftlichen Verflechtung entgegenkommt. Studenten der Geschichtswissenschaft sollten die unterschiedlichen Standpunkte zu geschichtlichen Ereignissen begreifen und lernen, sich ihr eigenes Bild zu machen.

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