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Steckt überall ein Ghostwriter drin, wo Ghostwriter draufsteht?

Seit den ersten Plagiatsvorwürfen gegen einige Prominente wird der Begriff des Ghostwriters in der Presse zunehmend inflationär verwendet.

Antwortete man in den 90er Jahren und auch danach noch auf die Frage, was man denn von Beruf sei, mit Ghostwriter, erntete man bestenfalls ein müdes, sprachloses und ungläubiges Lächeln. Heute meint so ziemlich jeder zu wissen, was ein Ghostwriter ist und was er macht.

Aber stimmt das auch?

Wikipedia definiert den Begriff des Ghostwriters (am 17.11.2014) allgemein so: „Ein Ghostwriter (deutsch: Geisterschreiber), auch Auftragsschreiber, ist ein Autor der im Namen und Auftrag einer anderen Person schreibt“. Als Beispiele werden dann neben den Akademischen Ghostwritern „Autobiographiker“ oder „Personal Historians“ genannt.
Dieser Definition wird auch im alltäglichen Sprachgebrauch oft gefolgt, jeder der etwas für einen anderen schreibt, ist ein Ghostwriter.

Nach meinem Verständnis ist die Definition eines Ghostwriter allerdings deutlich enger zu ziehen, denn nicht jeder Co-Autor ist ein Ghostwriter und nicht jeder, der etwas für einen anderen zu Papier bringt, wird dadurch automatisch zum Ghostwriter.

Eine wesentliche Eigenschaft eines Ghostwriters ist, neben seiner Autorentätigkeit, dass er gegenüber Dritten niemals in Erscheinung tritt. Er ist ein Geist und Geister sieht man nun mal nicht und man liest auch nichts von Ihnen. Ausschließlich der Auftraggeber des Ghostwriters ist für Dritte erkennbar. Der Ghostwriter selbst bleibt diskret unsichtbar. Er tritt seine Rechte an dem erstellten Werk vollständig und dauerhaft an seinen Auftraggeber ab.

Nur wenn neben der Autorenschaft auch diese Bedingungen erfüllt sind, ist ein Autor auch ein Ghostwriter.

Legt man diesen deutlich engeren Maßstab zugrunde, sind viele Autoren, die im Auftrag eines Dritten schreiben, eigentlich gar keine Ghostwriter. Dies gilt per se für die Autobiographiker, die das Lebenswerk eines Prominenten zu Papier bringen und bei denen von Anfang an bekannt ist, dass sie das Werk im Kundenauftrag verfassen. In diesem Sinne wäre beispielsweise auch Kohls Ghostwriter gar kein Ghostwriter sondern richtigerweise (nur) ein Biograph.

Vor diesem Hintergrund ist also nicht unbedingt überall dort ein Ghostwriter drin, wo Ghostwriter draufsteht. Natürlich verbreitet der Begriff des Ghostwriters mehr Spannung und hat im Gegensatz zu einem Biographen, Historiografen, Stadtschreiber, Lektor, Co-Autor oder Medical Writer auch noch etwas Anrüchiges…

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