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Wissenschaft und ihre Aktualisierung

Wissenschaft lebt vom Erkenntnisfortschritt und ist daher zwangsläufig mit Veränderung, Erneuerung und der Kritik an bisherigen Ideen verbunden. Mancherorts schießt man allerdings über das Ziel hinaus.

Der letzte Schrei

Eine wissenschaftliche Publikation ist gerade einmal seit zwanzig Minuten im Netz, als sich die ersten Zweifler melden, die meinen, Fehler erkannt zu haben – ein solches Szenario ist heute nicht nur denkbar, sondern Realität. Das Internet macht es möglich.
Was allerdings genauso möglich ist: Das stillschweigende entfernen von Fehlern, der Austausch von Dokumenten, das nachträgliche ändern der Publikationsgeschichte. So verführerisch die schnelle und bequeme Kontaktaufnahme zu Wissenschaftlern weltweit auch ist – sobald nur noch virtuell kommuniziert wird, sobald das Wort nicht mehr gedruckt, sondern nur noch auf dem Bildschirm gezeigt wird, ergibt sich ein Problem. Ein Problem, das spätestens dann deutlich wird, wenn man sich beispielsweise die Änderungsliste eines heiß diskutierten Wikipedia-Eintrags anschaut.

Zitierfähigkeit

Und wie steht es um die Zitierfähigkeit von Publikationen, die jederzeit gelöscht, geändert oder widerrufen werden können? Nicht ohne Grund verlangen viele Herausgeber inzwischen, nicht nur die URL der aufgerufenen Seite zu zitieren, sondern auch das genaue Datum des Seitenaufrufs zu dokumentieren. Was aber nützt dies, wenn der spätere Leser die Informationen nicht mehr nachvollziehen kann, weil die Seite inzwischen vom Netz gegangen ist?
Es muss über Strategien nachgedacht werden, wie man vermeiden kann, dass der Vorteil der hohen Aktualität in manchen Bereichen zu einem Nachteil für die wissenschaftliche Forschung werden kann. Papier ist sicher geduldig – das Netz ist es jedoch nicht.
Inzwischen sind auch einige Verlage dazu übergegangen, die Online-Ausgaben ihrer Bücher mit einer „Aktualisierungsfunktion“ auszustatten, so dass der Bezugsrahmen für Erwiderungen immer auf die genaue Zeit-Angabe des Originaltexts angewiesen ist.
Fast sehnt man sich in die Zeit zurück, als die Professoren noch Wochen und Monate Zeit bis zur Erscheinung des neuen Jahresbandes hatten, die Gedanken ihrer wissenschaftlichen Kontrahenten zu studieren, zu reflektieren und zu kritisieren.